Flächenverbrauch in NRW in 2020 rückläufig

Das NRW-Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz teilt mit:

Der Flächenverbrauch in Nordrhein-Westfalen für neue Siedlungs-und Verkehrsflächen hat im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr abgenommen. Nach aktuellen Zahlen von IT-NRW und Auswertung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) wurden im Jahr 2020 pro Tag zusätzlich rund 5,7 Hektar für Siedlung und Verkehr in Anspruch genommen. Im Vorjahr 2019 lag der Verbrauch bei 8,1 Hektar pro Tag.

Das klingt wie ein Erfolg, aber 5,7 Hektar pro Tag (!) sind immer noch ziemlich viel. Auf die Bewohner*innen von NRW umgerechnet bedeutet das eine jährliche Zunahme der Siedlungsfläche um 307 m² pro Einwohner*in.

Es werden auch noch nicht wieder die Werte während der vorherigen Landesregierung erreicht. Im Jahr 2018 lag der Flächenverbrauch bereits bei 5,2 Hektar, nach 6,3 Hektar im Jahr 2017. Leider sind nach einer Umstellung in der Statistik im Jahr 2015/2016 die Werte ab 2017 nicht mehr mit den Vorjahreswerten vergleichbar.

Quellen:
Pressemeldung
Flächenbericht 2020 des LANUV

Bau- und Planungsstopp zur Prüfung auf Klimaverträglichkeit

Zum Bild: Pro Tag werden in NRW durchschnittlich 8,1 Hektar Siedlungs- und Verkehrsfläche, meist auf Kosten landwirtschaftlicher Fläche, versiegel.
Quelle: NRW-Umweltbericht Mai 2021
Bild zeigt die Baumassnahme im Sept. 2021 zur Erschließung von Backesheide, Haan

Pressemeldung vom 14.09.2021

Als Bürgerinitiative „Rettet das Ittertal“ empfehlen wir unter den Eindrücken der diesjährigen Starkregenereignisse bereits genehmigte oder kürzlich begonnene Bauvorhaben zunächst unter Vorbehalt zu stellen, d.h. zu stoppen, bis eine erweiterte Prüfung hinsichtlich der Folgen des Klimawandels durchgeführt wurde, weil zum jetzigen Zeitpunkt noch eine Verbesserung aufgrund aktuell gewonnener Erkenntnisse erreicht werden kann. Idealerweise soll zukünftig eine derart erweiterte Prüfung für alle Bauvorhaben obligatorisch sein.

Der Klimawandel ist nicht zu übersehen, alle Fakten zeigen die kontinuierliche Temperaturerhöhung von Jahr zu Jahr. Die Folgen sind und waren dieses Jahr besonders schmerzlich, auch in Solingen. Es steigen nicht nur die Temperaturen, auch ungewöhnliche Ereignisse wie Starkregen oder Orkane nehmen zu. Es ist mit einer Häufung dieser Ereignisse wie das diesjährige Jahrhunderthochwasser zu rechnen.
Richtigerweise wird daher in Verwaltung und Politik diskutiert, welche Lehren zu ziehen sind. Und in diesem Zusammenhang muss es dann auch erlaubt sein, vielmehr sollte es zwingend sein, bereits laufende und genehmigte Baumaßnahmen nochmals zu überprüfen und wenn notwendig, anzupassen. Denn so kann Schaden von Menschen abgewendet werden. Eine Entscheidung durchzuziehen, obwohl mittlerweile bessere Alternativen bekannt sind, ist nicht sinnvoll und alles andere als nachhaltig. Und selbst wenn nur Zweifel bestehen, ist eine erneute Prüfung der Sachlage und Absicherung der Entscheidung angebracht. Denn angesichts knapper Kassen ist es intelligent, wenn alle Maßnahmen so überarbeitet werden, dass diese sich ergänzen und damit Teil eines sinnvollen Masterplans werden. Die benötigte Zeit und der Aufwand sind es wert.

In Solingen sehen wir als Bürgerinitiative aktuell einige geplante Bauprojekte, die einer kritischen Neubewertung unterzogen werden sollten:

Neubaugebiet Börsenstraße, Kanalbauwerk Tunnelstraße, Bebauung Bussche-Kessel-Weg, Wohnprojekt Ecke Rembrandtstraße / Locher Straße, die Umnutzung der Flächen von Großmann und Evertz/Omega.

Ebenso sind die laufenden Bauvorhaben am oberen Rand des Ittertals auf den Flächen Fürkeltrath-1, Backesheide (Haan) und Westring (Wuppertal) zu überprüfen.

„Bei diesen Projekten am oberen Rand des Ittertals werden große Bereiche versiegelt, das Oberflächenwasser wird in die Kanalisation abgeleitet und führt bei Starkregen dann weiter unten im Ittertal zu Problemen und Überschwemmungen, wie es Hilden dieses Jahr erlebt hat.“ so Christian Robbin von BIRDI, „Gleichzeitig wird durch die Versiegelung im Bereich der Quellbächen der Itter diesen das Wasser weggenommen, so dass die Quellen und dortigen Kleinbiotope austrocknen.“

Gerade durch die besondere Topografie Solingens mit den vielen Tälern sehen wir die Stadt hier in einer Vorreiterrolle, um klimasensibel zu reagieren. Alle Flächenversiegelungen im Oberlauf von Bächen sind zu vermeiden oder rückgängig zu machen, im Sinne eines Schwammstadtkonzeptes, um die Folgen von Starkregen zu verhindern. Dabei ist es günstiger und nachhaltiger, vorhandene und funktionierende Biotope zu schützen und zu erhalten. Eine Renaturierung wird mehr kosten, insbesondere weil eine lange Zeit vergeht, bis sich wieder ein stabiles System ausbildet.

„Es ist nicht zu verstehen, dass gewachsene Naturräume wie an der Tunnelstraße mal eben so zerstört werden, obwohl die Wiederherstellung des Biotops eher Jahrzehnte benötigen wird.“ so Margret Meinhardt von BIRDI, „Wir haben alle die verheerenden Folgen des Starkregens in den Tallagen gesehen. Da muss es die Pflicht von verantwortlicher Politik und Verwaltung sein, neue Erkenntnisse auch bei bereits getroffenen Entscheidungen zu berücksichtigen. Es ist keine Schwäche, alte Erkenntnisse durch neue zu ersetzten. Im Gegenteil, es zeugt von kritischem Denken, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Fortschritte im Sinne des Allgemeinwohls angewendet werden.“

Es wäre konsequent, wenn die Stadt nicht nur hinsichtlich Starkregen prüft, sondern die Gelegenheit nutzt, Nachhaltigkeit als Verpflichtung in die Bebauungspläne zu schreiben.

Dadurch können weitere Aspekte durch die Temperaturerhöhung oder der Ressourcenverbrauch im Betrieb, gemessen in CO2-Äquivalente, berücksichtigt werden. Städtische Nachhaltigkeitsziele können leichter erreicht werden, wenn in Bebauungsplänen, Verpflichtungen zur Solarenergienutzung, Versickerung von Regenwasser auf der Fläche, mehrgeschossige Bebauung oder strenge Vorgaben bzgl. Energieeffizienz vorgegeben werden. Kritiker werden einwenden, dass derartige Auflagen Geld kosten und Investoren abschrecken. Das mag stimmen, allerdings ist es vor allem als Einladung für Investoren zu verstehen, die den Wert von Naturraum respektieren und mit mutigen fortschrittlichen Konzepten für mehr Lebensqualität sorgen. Jetzt ist die Zeit, mutige und neue Wege für mehr Nachhaltigkeit zu gehen.

22. Mai – Internationaler Tag der biologischen Vielfalt

Zum ´Internationalen Tag der biologischen Vielfalt´ am 22.5. hat der NABU NRW eine ernüchternde Bilanz gezogen:

NABU NRW:
„Die Vielfalt an Arten und Lebensräumen in Nordrhein-Westfalen ist bedroht wie noch nie. Mehr als 45 Prozent unserer wildlebenden heimischen Tier- und Pflanzenarten stehen auf der Roten Liste und sind somit in ihrer Existenz bedroht. …
Auch der vor einigen Tagen von Umweltministerin Heinen-Esser vorgestellte Umweltzustandsbericht 2020 leugne diese negativen Entwicklungen nicht. So ist der Flächenverbrauch seit 2017 wieder gestiegen, zeitgleich stagniert der Umfang der ausgewiesenen Naturschutzflächen, eine qualitative Verbesserung der bestehenden Schutzgebiete ist bisher nicht in Sicht, und auch der Naturwert der Agrarlandschaft als Lebensraum für Tiere und Pflanzen ist weiter gesunken. Laut aktuellem Umweltzustandsbericht ist das Land „weit entfernt“ davon, den angestrebten Zielwert beim NRW-Umweltindikator Artenvielfalt und Landschaftsqualität zu erreichen.“

Ein Erhalt der Biodiversität, also die Vielfalt an Arten, wird nur gelingen, wenn Tiere und Pflanzen nicht nur einen Lebensraum haben, sondern wenn diese Lebensräume auch verbunden sind, so dass die Arten „wandern“ können.
Daher ist eine zentrale Forderung von „Rettet das Ittertal“, die verbindene Funktion des Ittertals zwischen Rhein und Wupper zu erhalten und den oberen Rand des Ittertals nicht durch neue Gewerbegebiete zu verbauen und so die Verbindung zur Wupper abzuriegeln.

NABU NRW:
„Darüber hinaus sei landesweit eine deutlich bessere Vernetzung der vorhandenen Schutzgebiete anzustreben. Die Umsetzung eines solchen landesweiten Biotopverbundnetzes müsse zügig gelingen. Denn mehr Strukturen wie Hecken, Feldgehölze, blütenreiche Wegraine und Säume, würden die Situation für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten insbesondere der Agrarlandschaft verbessern.
„Der Schutz der biologischen Vielfalt muss aber auch endlich als Schutz unserer Lebensgrundlage verstanden und entsprechend als alle Ressorts verpflichtende Querschnittsaufgabe umgesetzt werden“, so die NABU-Landesvorsitzende Dr. Heide Naderer.

Volksinitiative Artenvielfalt in NRW gestartet

Am 23. Juli haben BUND, LNU und NABU die gemeinsame Initiative Artenvielfalt gestartet. Mindestens 66.000 Unterschriften werden benötigt. Die Verbände rufen alle Bürger*innen in NRW dazu auf, mit ihrer Unterschrift ein klares Signal für mehr Artenschutz zu setzen.
Den Aufruf unterstützen wir natürlich.

Bei Vorlage von 66.000 Unterschriften muss sich der NRW-Landtag mit der Volksinitiative beschäftigen. In acht zentralen Handlungsfeldern fordern die Naturschützer einen deutlichen Politikwechsel.

„Wir wollen mit der Volksinitiative ein eindeutiges Signal für mehr Artenvielfalt auf dem Land und in unseren Städten geben“, sagte die NABU-Landesvorsitzende Dr. Heide Naderer zum Auftakt. „Dabei appellieren wir an alle Bürgerinnen und Bürger, sich mit ihrer Unterschrift für ein lebenswertes Nordrhein-Westfalen einzusetzen und so ein deutliches Signal für notwendige Maßnahmen zum Erhalt der Artenvielfalt an die Landesregierung zu senden.“

Die acht Forderungen sind:

  1. Flächenfraß verbindlich stoppen
  2. Schutzgebiete wirksam schützen
  3. Naturnahe und wilde Wälder zulassen
  4. Naturverträgliche Landwirtschaft aktiv voranbringen
  5. Biotopverbund stärken und ausweiten
  6. Lebendige Gewässern und Auen sichern
  7. Artenschutz in der Stadt fördern
  8. Nationalpark in der Senne ausweisen

Um die Forderungen der Volksinitiative Artenvielfalt NRW zum Thema im Landtag zu machen müssen mindestens 0,5 Prozent der Stimmberechtigten (ab 18 Jahren) in Nordrhein-Westfalen unterschreiben. Gültig sind nur manuelle Unterschriften auf dem offiziellen Unterschriftenbogen.