Rat der Stadt Solingen überstimmt Bezirksvertretungen

12.12.2014 Rat der Stadt Solingen überstimmt Bezirksvertretungen

Entgegen üblicher Vorgehensweise überstimmt der Rat Entscheidungen seiner Bezirksvertretungen.

Die Bezirksvertretungen Wald und Gräfrath hatten sich gegen die Aufnahme der Gewerbegebiete im Ittertal in eine Liste zur Beantragung von EU-Fördermittel ausgesprochen und betont, erst das vom Rat beschlossene Gesamtgutachten zum Ittertal abzuwarten, bevor weitere Fakten geschaffen werden.

Der Rat hat letztendlich die Aufnahme der geplanten Gewerbegebiete Buschfeld und Fürkeltrath II neben Raspe und Piepersberg-West in den Antrag auf EU-Gelder im Rahmen des Strukturprogramms durchgesetzt (bei drei Gegenstimmen und drei Enthaltungen).
Solinger Morgenpost 12.12.2014

Der Rat beantragt quasi Fördergelder für Gebiete, deren Umsetzung noch gar nicht beschlossen ist und deren Notwendigkeit alles andere als klar ist. Die Vorratshaltung von Gewerbeflächen geht also munter weiter, obwohl das Vorgehen sogar die Bezirksvertretung im Rahmen der gerade laufenden Regionalplanung gerügt hat.

Hintergrund

Das EU-Strukturprogramm soll benachteiligten Regionen helfen, mit Leitthemen und Projekten in den Bereichen touristische Entwicklung, Bekämpfung der Armut, Fachkräfteversorgung und Gewerbeflächenentwicklung aufzulegen.

Im Rahmen dieses Strukturprogramms bewerben sich Solingen, Remscheid und Wuppertal um EU-Fördermittel nicht nur für Gewerbeflächen, sondern auch für Projekte wie z.B. die städebauliche Verbesserung im Bereich Central.

Zu Befürchten ist, dass es zu einer undifferenzierten Prüfung in Brüssel kommt und positive Signale der EU auf Fördergelder lokale Entscheidungen vorwegnehmen lassen.

Bezirksvertretungen Wald und Gräfrath streichen Buschfeld und Fürkeltrath II aus EU-Antrag

11.12.2014 Bezirksvertretungen Wald und Gräfrath streichen Buschfeld und Fürkeltrath II aus EU-Antrag

In den BV Wald und BV Gräfrath wurde beschlossen, die zwei geplanten neuen Gewerbeflächen Buschfeld und Fürkeltrath II aus der Projektvorschlagsliste für das Regionale EU-Strukturprogramm 2020 für das Bergische Land herauszunehmen.
Die BV standen zu ihrem Beschluß, keine Entscheidungen zu diesen Gebieten zu treffen bevor nicht das Gesamtgutachten zum Ittertal vorliegt.

Siehe dazu die zwei Meldungen im Solinger Tageblatt:

03.12.2014 BV-Wald und 11.12.2014 BV-Gräfrath

Sitzung des ASUKM – Stichwort: „Online-Beteiligung zu gewerblichen Bauflächen“

01.12.2014 Sitzung des ASUKM – Stichwort: „Online-Beteiligung zu gewerblichen Bauflächen“

Ein Tagesordnungspunkt der 3. Sitzung des ASUKM (Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt, Klimaschutz und Mobilität der Stadt Solingen) war der Bericht der Verwaltung zum Stand der sogenannten online Bürgerbeteiligung zum Thema Gewerbeflächen.

Im Vorfeld hatte die Verwaltung als Sitzungsunterlagen den bisherigen Stand dokumentiert, so dass die Sitzung zu einem Ergänzungsantrag von Seiten der SPD, Grünen, BfS und Linken genutzt wurde. Diese Fraktionen bemängelten die stark einseitige Formulierung der Fragen und zugehörigen Thesen, mit denen die Bevölkerung befragt werden soll. Die Formulierungen entstanden unter Federführung der Wirtschaftsförderung in der Verwaltung und berücksichtigten keine Gegenargumente.

Der oben genannte Antrag ergänzt die bisherigen Fragen um weitere sechs, so dass nun eine etwas ausgewogenere Befragung möglich wird. Auch die Thesen der Verwaltung sollen wesentlich gekürzt werden.

Siehe dazu auch den Bericht im Solinger Tageblatt:
Gewerbeflächen: 14 Thesen für Online-Beteiligung

Die Bürgerinitiative begrüßt diese Verbesserung der online Befragung.

Zum Hintergrund:
Die Idee einer Bürgerbefragung stammt von den Piraten. Die Durchführung wurde vom Rat der Stadt Solingen beschlossen. Beauftragt wurde die Agentur Zebralog, die auch bereits die Befragungen zum Haushalt durchgeführt hatte. Mit der Koordination wurde die Wirtschaftsförderung beauftragt, die hinsichtlich der Ausweisung von neuen Gewerbeflächen sicherlich keine neutrale Instanz sein kann (siehe dazu auch die Rede vom GF der Wirtschaftsförderung zur Zöppkesmarktmahlzeit). Zur inhaltlichen Erarbeitung der Thesen wurden kurzfristig zwei Workshops durchgeführt, deren Teilnehmer mehrheitlich Befürworter einer Ausweisung von neuen Gewerbeflächen sind. Zusätzlich erfolgt die Befragung zu einem Zeitpunkt, an dem das vom Rat beschlossene Gesamtgutachten zum Ittertal noch gar nicht vorliegen wird. Wesentliche meinungsbildende Erkenntnisse werden also bei der Beantwortung durch die Bürgerinnen und Bürgern nicht zur Verfügung stehen. Insgesamt eine höchst bedenkliche Konstellation für eine Bürgerbefragung.
Diesen Sachverhalt haben auch oben genannte Fraktionen gesehen und eine Ergänzung im ASUKM mehrheitlich durchgesetzt.

Pressemeldung – Gesamtgutachten und online Befragung

Pressemeldung – 25.11.2014 – Gesamtgutachten und online Befragung

Bürgerinitiative Rettet das Ittertal fordert die Untersuchung der ökologischen Belange beim „Gesamtgutachten“ sowie Chancengleichheit für Pro und Contra bei der „Online-Beteiligung“.

Obwohl durch Beschluss des Stadtplanungsausschusses (ASUKM) vom 9.12.2013 die Stadt-verwaltung beauftragt wurde, zum Ittertal zunächst ein „Gesamtgutachten unter Nachhaltigkeits-aspekten und ökologischen Gesichtspunkten“ zu erstellen und alle weiteren Planungen zur Umwandlung der Freiflächen in Gewerbegebiete zurückzustellen, kümmert sich die Verwaltung wenig um diesen Beschluss.

Sie bereitet eine online-Befragung Solinger Bürger zur Flächenkonzeption vor.

Die den Fragen bzw. Thesen vorangestellten Informationen stellen ausschließlich Meinungen aus der Verwaltung dar. Man scheut sich auch nicht, darin auf Gutachten Bezug zu nehmen, die erst im Verlauf des kommenden Jahres zu erwarten sind. Die im Interesse der Bürger tätigen Umweltverbände und Bürgerinitiativen wurden von der Mitarbeit bei der Vorbereitung der online-Befragung ausgeschlossen, die Wirtschaftsförderung jedoch maßgeblich daran beteiligt. Für diese unsinnige Aktion werden 33.000 Euro ausgegeben, die noch nicht einmal im Haushalt ausgewiesen sind. Bei der Kürzung für kulturelle Leistungen (Botanischer Garten, Bäder, Kindergärten usw.) ist das „Streichkonzert“ dagegen überhaupt nicht zimperlich.
Aufgrund der zurzeit vorliegenden inhaltlichen Gliederung für das kürzlich in Auftrag gegebene gesamtökologische Gutachten ist zu erkennen, dass wichtige Gesichtspunkte fehlen, der Untersuchungsauftrag also unzureichend ist. Die Abfrage von verfügbaren Daten zum Arten-inventar, zur Biovielfalt und zu planungsrelevanten Arten im Ittertal ist offenbar nicht vorgesehen. Dabei sind solche Daten bei der Biologischen Station und bei den Naturschutzorganisationen verfügbar. Die Inhaltsgliederung lässt auch nicht erkennen, ob und wie die Bedeutung des Ittertals als regionaler Grünzug, als Biotopverbindung und Vernetzung zwischen den großen Naturschutz-gebieten Burgholz und Hildener Heide beschrieben werden soll. Auch die Schutzwürdigkeit der einmaligen Kulturlandschaft und damit verbunden die Sozialfunktion des Ittertals als Freizeit- und Erholungsraum für Zehntausende Bürger soll offenbar nicht oder nur unvollkommen berücksichtigt werden. Es drängt sich der Gedanke auf, dass die Verwaltung damit bestimmte Bereiche, die für die weitere Planung sehr hinderlich sein könnten, unterdrücken möchte. Das gilt auch für den Schutz von Landwirtschaftsflächen vor Versiegelung und Überbauung. Das kommunale Gewerbeflächenkonzept verstößt damit massiv gegen die bundesweite Bodenschutzinitiative, die Flächeninanspruchnahme der Kommunen nach Grundsätzen der Nachhaltigkeit sparsam und bedarfsgerecht zu gestalten.
Die Bürgerinitiative „Rettet das Ittertal“ fordert, bei den Beschlüssen des Stadtplanungs-ausschusses am 1.12.2014 folgende Aspekte zu beachten:

  1. Die von den BürgerInnen zu bewertenden Thesen der online-Beteiligung müssen alle relevanten Fragen der Gewerbeflächenpolitik und die von breiten politischen Mehrheiten getragenen Ziele einer nachhaltigen Stadtentwicklung berücksichtigen. Dies sind u.a.:
    – Senkung des Flächenverbrauchs, Erhalt und Entwicklung der Artenvielfalt, Erhalt und Vernetzung regionaler Biotopverbünde, Erhalt und Attraktivierung von Naherholungs-gebieten
    – Erhalt und Stärkung der Wohnqualität, Intensive Förderung der Wiedernutzung von Gewerbebrachflächen, Förderung des Strukturwandels hin zu mehr Dienstleistungs- und Tourismuswirtschaft.
  2. Es ist völlig inakzeptabel, dass zu den derzeit alleine von der Verwaltung formulierten Thesen jeweils eine ausführliche Rechtfertigung des bisherigen Verwaltungshandelns mitgeliefert wird. Entweder wird hier ein Pro und Contra zur bisherigen Gewerbeflächenpolitik dargestellt und so den der Verwaltungspolitik kritisch gegenüberstehenden Umweltverbänden und Bürger-initiativen dieselbe Möglichkeit der Einflussnahme gegeben. Oder die rechtfertigenden Begründungen der Verwaltung entfallen.
  3. Der Untersuchungsauftrag des am 9.12.2013 vom ASUKM beschlossenen, aber erst vor wenigen Wochen beauftragten „Gesamtgutachtens unter Nachhaltigkeitsaspekten und ökologischen Gesichtspunkten“ entspricht derzeit nicht der Beschlusslage. Er ist deshalb zu ergänzen um:
    – eine durchformulierte Darstellung der planungsrelevanten Tier- und Pflanzenarten im Ittertal inklusive Erläuterung der Bedeutung des Ittertals als Biotopverbundsystem sowie der einzelnen geplanten Gebiete als Raum für Reproduktion und Nahrungshabitat.
    – eine Darstellung der ökologischen Wertigkeit und Bedeutung des Ittertals im Rahmen der Flächenentwicklung, als Naherholungsgebiet sowie für die Luftgüte der benachbarten Wohngebiete und für die Landwirtschaft.
  4. Die am 11.12.2014 im Stadtrat vorgesehene Anmeldung der drei neuen Gebiete Piepersberg-West, Fürkeltrath II und Buschfeld für die EU-Förderung widerspricht massiv dem Beschluss des ASUKM, zunächst das Gesamtgutachten abzuwarten, bevor weitere Beschlüsse für neue Gewerbegebiete im Ittertal gefasst werden. Damit wird ein geordnetes Verfahren auf den Kopf gestellt, und es werden eindeutige Zusagen gebrochen, die den Bürgen vor der Kommunal-wahl gegeben wurden.