Mahnwache Tunnelstraße

In Solingen-Ohligs soll in einer Tallage ein Stauraumkanal für Oberflächenwasser zur Entlastung der Kanalisation gebaut werden. Um Kosten und Zeit zu sparen, ist als kostengünstigeste Maßnahme die Rodung von zahlreichen alten und großen Bäume geplant. Als Konsequenz wird der Verlust eines gut eingewachsenes Biotops im Siedlungsbreich in Kauf genommen.

Die Bürgerinitiative „Rettet das Biotop Tunnelstraße“ hatte sich bereits lange vor den diesjährigen Starkregen-Ereignissen gegen den Kanalbau gewehrt und Alternativlösungen eingefordert, die nachhaltiger und umweltverträglicher sind. Siehe dazu auch hier.
Unter dem Eindruck der verherenden Folgen der Flutkatastrophe an Wupper und Ahr haben die Anwohner am 26. August mit einer Mahnwache protestiert und eine Neubewertung der Situation unter den Aspekten Starkregen, Flächenversiegelung, Hochwasserschutz und (Mikro-)Klimaschutz gefordert.
Neben der BI „Rettet die Tunnelstraße“ haben auch andere Initiativen vom „Klimabündnis Solingen“ mit Plakaten protestiert.

Rettet das Biotop Tunnelstraße

Es ist schon erstaunlich, so quasi von heute auf morgen werden im Dezember Anwohner und Bezirksvertretung mit Plänen konfrontiert, die eine Fällung von 35 großen Bäumen im Lochbachtal vorsehen. Natürlich wird erwartet, dass „man das durchwinkt“, damit schon im Januar die Baumsägen knattern.

Warum und weitere Hintergründe schildert die Bürgerinitiative „Rettet das Biotop Tunnelstraße“:

In Ohligs droht die Zerstörung eines urwaldähnlichen Biotopes

Ausgansgssituation:
In Solingen-Ohligs im unteren Lochbachtal  befinden sich 4 Regenüberläufe, welche nicht auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden können. 
Da Auflagen der Bezirksregierung bis 2027 erfüllt werden müssen, will man jetzt einen Stauraumkanal an die Böschung des an der Tunnelstraße in Ohligs liegenden Biotops bauen.

Planung:
Dieser soll dann in ein riesiges betoniertes Entlastungsbauwerk auslaufen.
Der Kanal soll in einem Teil durch die Böschung vorgetrieben werden, in einem weiteren Teil soll zuerst die mit Altlasten verseuchte Erde ausgetauscht werden, da man sonst nicht die Arbeiter zum dann folgenden Rohrvortrieb dort hineinschicken kann.
Insgesamt werden 35 zum Teil alte Bäume gefällt, wobei nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann, daß die über dem vorderen Rohrvortrieb liegenden besonders wertvollen alten Bäume nicht auch langfristig an Schädigung ihres Wurzelbereiches eingehen.
Im landschaftspflegerischen Begleitplan wird angenommen, daß das Biotop aufgrund der Lage im stark verdichteten, urbanen Raum wenig Aufenthaltsqualität für Tiere und daher eine geringe Artenvielfalt aufweist.

IST-Situation:
Das Gegenteil ist aber der Fall: gerade durch seine Lage als urwaldähnliches, nicht begangenes, über  Jahrzehnte gewachsenes Biotop in Bahnhofsnähe inmitten von zunehmend total verdichtetem Raum (Hansa Viertel, Monhofer Feld) hat dieses Biotop eine extrem wichtige Funktion für vielfältige Arten, z. B. Fledermäuse und Vögel, die dort in großem Artenreichtum zahlreich sind.
Aber auch für den Bürger ist dieses Kleinod wichtig: in den Vorlagen wird darauf hingewiesen, wie wichtig Gewässerschutz für intakte Ökosysteme sei. Die Bedeutung von Bäumen bzw. Waldbiotopen wird überhaupt nicht erwähnt.

Auch gibt es keine Bewertung durch die Nachhaltigkeitstrategie in Bezug auf den Verlust der Bäume und die extreme Schädigung des Gesamtbiotops, unter anderem durch die mindestens 2jährige Bauzeit.
Die Bedeutung von Bäumen bzw. waldähnlichen Biotopen als thermische Ausgleichzonen und CO2 Speicher wird nicht in Bezug gesetzt zur als positiv beschriebenen Verbesserung der Gewässerökologie.
Insgesamt wird in der seit 2014 entwickelten Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Solingen der Bedeutung der Bäume im Klimawandel nicht Rechnung getragen.
Andere Städte gehen dazu über, in ihren urbanen Zentren kleine Waldbiotope, sogenannte „Tiny Forests“ mühsam zu errichten. Ohligs besitzt genau das als natürlich gewachsenes Biotop, und dies soll jetzt zerstört werden ?!
Unter dem Themenfeld: „Natürliche Ressourcen und Umwelt“ wird in der Nachhaltigkeitsstrategie als erstes strategisches Ziel folgendes formuliert: „Solingen erhält sowohl die innerstädtischen Grünflächen als auch die Naturräume (Stadtbiotope) auf dem Niveau von 2017 und weitet diese nach Möglichkeit noch aus.“

Kritik:
Im Bereich „Klima und Energie“ wird formuliert, daß bis 2030 die Folgewirkungen von Wetter Extremen  wie Hitze, Sturm, Starkregen, schleichende Veränderungen deutlich abgeschwächt werden. 
Durch den Bau des Stauraumkanals in diesem Biotop wird dem Bereich Starkregen Rechnung getragen, aber alle anderen Bereiche deutlich verschlechtert.

Es könnten hier noch viele andere Faktoren erwähnt werden, die aus unserer Sicht das Projekt in seiner aktuellen Planung in Frage stellen,  und viele ungeklärte Fragen, die sich ergeben haben.

Wir akzeptieren, daß eine Sanierung im Gewässerbereich  notwendig ist, erwarten aber, daß unsere Vorbehalte in Bezug auf die aktuelle Planung ernst genommen werden.
Es fehlen uns bisher externe Fachleute, die im technischen und auch naturschützerischen Bereich das Ganze gründlich unter die Lupe nehmen.
Auch wehren wir uns gegen den Zeitdruck, der jetzt von der Verwaltung seit Vorstellung des Projektes aufgebaut wird, vor allem angesichts der Problematik der Corona- Maßnahmen, welche bürgerliches Engagement extrem erschweren.
Wir haben eine Petition beim Landtag eingereicht, eine Bürgerin hat eine Beschwerde nach §24 der Gemeindeordnung abgegeben.

Unser Ziel ist es, mit ausreichender Zeit das Ganze in Ruhe zu beleuchten und gemeinsam mit der Verwaltung zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Lösung zu kommen.
Sabine Vogel
Bürgerinitiative „Rettet das Biotop Tunnelstraße“